Tägliche Frustrationen als Alleinerziehende(r): Man muss nehmen, was man kriegt.

***Gastartikel von Anonym.
Meine Mutter mischte sich nie wirklich ein in diese Absurdität des täglichen Kampfes mit den Behörden einer alleinerziehenden Mutter, jedoch sagte sie nach Erhalt des Antwortschreibens der Stadt xy in Deutschland mit einer Absage eines Kindergartenplatzes und der anschliessenden telefonischen Auskunft des Jugendamtleiters mit dem Verweis, dass ich als Mutter gefälligst nicht so viel arbeiten sollte und auf die Ablehnung eines Kindergartenplatzes und meine hierzu schleppende Klage nach einem uns zustehenden Kindergartenplatzes: „Das war vor 40 Jahren so und es ist auch heute noch so und wird auch noch weitere Jahre so sein.“
Ich konnte und wollte das nicht glauben.

Aber leider ist es Realität in Deutschland und auch in der Schweiz. In Zürich erwarteten mich die öffentlichen Kindergärten mit Abholzeiten, die nicht in eine 100%, nein auch nicht in eine 90% Job Situation einer alleinerziehenden Mutter hineinpassten. Also musste es ein teurer Kita-platz in einer privaten/halbprivaten Institution sein.
Die Gebühren ähnlich hochtreibend wie in Deutschland verglichen zum Gehalt und wieder war ich am verzweifeln, dass ich für den Kindergartenplatz arbeiten gehe. Somit strampelte ich mich ab, trotz Subvention der Stadt! Als Frau, als Alleinerziehende!

Immer zu wenig Zeit, zu wenig Geld am Monatsende und zu wenig Urlaubstage. Ständig mit schlechtem Gewissen unterwegs…dem Arbeitgeber gegenüber, dem Kind, der Familie, die weit entfernt ist und zum Schluss: sich selbst. Ganze 4.5 Wochen Ferien im Büro gegen 13 Wochen Schulferien. Wie soll das funktionieren? Wie wird sich das auf das Kind und einen selbst auswirken? Jetzt und später?
Warum erhalten Mütter bzw. Alleinerziehende nicht generell mehr Zeit für Ihren Nachwuchs? So oft habe ich mich das gefragt. Wie wird sich das auf die Gesellschaft auswirken, wenn Kinder ab 3 Monate von, zwar erfahrenen aber eher rational als emotional agierenden und oft, zu wenig Kräften „erzogen“ werden?

Wie oft ich ein schlechtes Gewissen hatte vor Corona. Ich sehe mein Kind nur 2-3.5 Stunden am Tag. Hiervon gehen 1.5-2 Stunden für Kochen, Zähne putzen, Vorlesen, An-/Ausziehen drauf. Was ist mit der Spiel- und Lern- und Mama-Zeit mit Kuscheln und Erzählungen?
Das Wochenende wird somit das Zentrum in das alles hineingepackt wird. Einkauf neuer Schuhe, Grosseinkauf für die Woche, Pizza essen gehen, Sportkurs, Freizeit, Erzählen, Singen, Lesen und miteinander austauschen…und dann ist Sonntag Abend. Ich bin k.o. und das Wochenende und die „Erholung“ schon vorbei.

Die Corona-Zeit war sicher eine harte aber sehr wertvolle Zeit für mich als Mama und meinem Kind…zumindest für uns. Aber ich bin sicher, dass auch andere Alleinerziehende oder auch Mamas und Papas so empfunden haben, auch wenn sie oft erschlagen waren zwischen dem Spagat Homeoffice und Kinderhüten und Home-schooling.
Endlich Zeit, meinen Sohn für Monate zu erleben wie er sich tagtäglich weiterentwickelt. Was er denkt und erzählt, wie er etwas empfindet, Empathie und Respekt näher kennenlernt, Ängste neu empfindet, meine Nähe sucht, Grenzen neu austestet, das Lesen mit mir lernt und die Nächte und Tage ohne Pipi in der Hose verbringt.

Nun wieder „Alltag“ und das Thema Pipi nimmt wieder seinen Lauf, wie auch der Ablauf im Hort und in der Schule. Dinge des täglichen Lebens werden kaum behandelt, Zähne putzen und Pipi machen gehen müssen gar die kleinsten selbst beherrschen. Die Menüpläne enthalten nur je ein Essen…das der Fleischesser.
Es wird kein zweites Menu, eines für Vegetarier, aufgeführt, aus Zeitgründen sagt man mir. Es gibt 3-4x die Woche Fleisch oder wie ich es sagen würde „Resteverwertung“ (Bolognese, Chicken Nuggets, Kebap) wie 1x die Woche Fisch (in Form von Fischstäbchen oder belastetem Tilapia).

Wie immer kann ich auch nicht erkennen, ob die kommende Woche „Bio“ im Angebot ist. Bei uns zu Hause im Alltag gelebt, ist hier eine gesunde und nachhaltige Ernährung noch weit entfernt. So weit wie das Denken an Vegetarier, von Veganern ganz zu schweigen.
Mein Sohn und ich werden noch komisch beäugt und der Lehrer meint meinen Sohn zu bekehren, wenn er sagt, dass wir alle Fleisch brauchen. Ich hätte wohl doch sagen sollen, dass mein Sohn gegen tierische Eiweisse, Weizen und Zucker allergisch ist.

Somit zahle ich den Mittagstisch ohne etwas von dem zu erhalten, was wir kennen und uns auch ausserhalb unseres zu Hause wünschen. Ich zahle für eine Leistung, die ich so nicht bestellt habe… denn, ich habe ja keine Wahl. Ich muss das nehmen, was wir kriegen.
***Können Sie sich mit den Worten der Autor/In identifizieren? Mit welchen Frustrationen müssen Sie als Alleinerziehende(r) auf täglicher Basis umgehen?
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