***Gastartikel von Laura Schäfer

Manches Mal scheint es mir so, als habe ich als Alleinerziehende eine „Dauer-Arschkarte“ abonniert. Es scheint sogar so zu sein, dass ich eine Art Ehren-Member im VIP Club bin,  ohne jemals einen Antrag ausgefüllt zu haben.

Der diesmalige Auslöser für dieses Gefühl war, dass mal wieder alles gleichzeitig kaputt ging. Und das schlimmste daran war, dass es sich um Geräte aus dem Alltag handelte. Haushaltsgeräte, auf die man im 21. Jahrhundert einfach nicht verzichten möchte.

Am Morgen ging zunächst der Geschirrspüler kaputt. Ok – das kam nicht wirklich überraschend. Denn er war schon so manches Mal dem Tod grad noch von der Schippe gesprungen. Also versuchte ich, ihn auch dieses Mal wiederzubeleben. Schliesslich hatte ich doch beim letzten Mal mit Adlersaugen aufgepasst, als mein lieber Nachbar diesen reparierte. Ich habe also auf der einen Seite völlig genervt die Propeller und Netze gereinigt. Auf der anderen Seite war ich aber auch stolz auf mich, während ich mit dem Kopf voraus in der Maschine lag.

Sollte ich mal durch eine Zeitmaschine in das 18. Jahrhundert reisen, würde ich den Menschen erklären können, wie ein Geschirrspüler aufgebaut ist. Klar es müsste dann schon noch ein Ingenieur diesen im Detail planen, aber ich kann ihn zumindest auf den richtigen Weg verhelfen. Und das fühlt sich einfach gut an. Nicht mehr das kleine Blondchen zu sein, nett zu lächeln und in der Situation nur sagen zu können: „Meine Damen und Herren,  in der Zukunft haben wir eine Maschine, welche das Geschirr automatisch reinigt und trocknet.“ Nein, ich könnte den Damen und Herren aus dem anderen Jahrhundert erklären, welche Teile es benötigt, um diese Maschine zu bauen.

Dies sind die guten Seiten am alleinerziehenden Dasein. Man ist ja nicht nur mit dem Kind allein, sondern steht auch mit all der Technik, Internetverbindung, Steuern usw. ganz allein da. Naja, euch brauche ich das ja nicht zu erzählen.

Wie gut, dass es „You Tube Tutorials“ gibt. Man findet da einfach alles. Selbst wie man vom Bobby Car die „Flüsterreifen“ wechselt. Allerdings sieht man hier zahlreiche Väter die das auch nicht hinbekommen. Liebe Bobby Car Hersteller: Macht uns Eltern das Leben doch bitte nicht so schwer und überlegt euch etwas anderes, wie die Reifen gewechselt werden könnten. Das kann doch nicht so schwer sein, oder muss erst ein/e Alleinerziehende/r aus dem 24. Jahrhundert euch erklären, mit welcher Technik man die Reifen viel einfacher wechseln könnte?

Aber trotz meines Engagements konnte ich den Geschirrspüler nicht selbstständig reparieren! Also musste ich den Nachbarn wieder bitten, welcher aber grad in den Ferien verweilte. Ok, dann wasch ich derweil doch mal von Hand ab.

Am Abend habe ich dann, gemäss meines Rituals, nach dem Nachtessen, den Staubsauger angemacht. Ganz plötzlich gibt dieser den Geist auf. So ein Mist. Wie es heute so ist, sind alle Teile verschweisst – da war auch nichts mit dem selbst reparieren.

Es musste da wohl ein neuer her. Super – Geschirrspüler und Staubsauger defekt. Wo soll ich nur das Geld hernehmen für die Reparatur bzw. den Ersatz? Urlaubskonto ist bereits leer respektive wurde dieses Jahr gar nicht erst gefüttert.  Selbst das Sparschwein von meinem Sohn hatte ich bereits geplündert. Hier kann ich keinem anderen die Schuld geben, schliesslich bin ich die einzige die einen Schlüssel besitzt. Nächstes Mal kaufe ich ihm lieber eins ohne Schlüssel. Dann kann ich mich nicht einfach bedienen. Vielleicht sollte ich das auch mit der Urlaubskasse machen?!

Bevor ihr jetzt aufschreit, ich lege immer einen Schuldenzettel rein und zahle es auch immer wieder brav zurück. Aber es ist meine Art des Privat Bankings…

Was sollte ich jetzt bloss machen? Ich brauchte doch Ersatz für die 2 Haushaltsgeräte – oder nicht? Zum Glück hat meine Psyche für diese überforderten Momente einfach ein Notfall-Programm, welches wie folgt aussieht: ich rede mir das Problem schön.

Wer braucht denn all das moderne Zeug – einen Staubsauger und Geschirrspüler. Kostet zudem Strom und Wasser. Schadet ergo der Umwelt. Also tue ich doch etwas für die Zukunft meines Sohnes und entscheide mich fürs fegen und von Hand spülen. Meine gesamten Motivations-Reserven bündelte ich und empfand tatsächlich einen Glückshormon-Schub. Der hielt dann aber nur kurze Zeit an. Denn dann nervte es mich so richtig und ich konnte mir nichts mehr vormachen. Ich vermisste meine fleissigen Helfer „Spüli“ und „Saugi“- bitte kommt zurück!

Den normalen Alltag meistere ich in seiner ganzen herausfordernden Vielfalt. Den Blumenstrauss an Arbeit, Kind und Haushalt halte ich am Leben. Aber wehe, wenn dann eben mehrere Dinge gleichzeitig kaputt gehen, ja dann sind auch meine Grenzen ehrlicherweise erreicht. Auch wenn die Erkenntnis dann erst nach einiger Zeit einsetzt. Leider dann aber um so heftiger.

Es ist als bekäme ich keine Luft mehr. Mit der Belastung des Alltags ist halt schon alles chronisch am Limit. Es kommt mir vor wie Tetris spielen. Der Alltag ist schon zu 80% gefüllt mit Tetris-Bausteinen. Die Steine sind sauber auf einander gestapelt. Gut zugegeben – da gibt es auch chaotische Haufen zwischendrin, aber im Grossen und Ganzen sieht es in meiner Tetris-Welt recht aufgeräumt aus.

Passieren dann aber unerwartete Dinge, wie in diesem Fall: Geräte des täglichen Bedarfs gehen gleichzeitig kaputt, ja dann möchte ich manches Mal einfach das Handtuch werfen! Ich bin dann schlussendlich so down, dass es mir enorm schwer fällt, einfach weiter zu machen. Die Tage an denen ich ganz selbstverständlich meine Motivation finde, scheinen dann in weite Ferne gerückt zu sein.

Ich erlaube mir in diesen Momenten einfach mal einen Tag ganz bewusst zu meckern. Ich zelebriere mein Selbstmitleid dann ausgiebig und gebe mich dem Gefühl von „keinem Licht am Ende des Tunnels zu sehen“, einfach hin. Ich schwimme dann Fluss abwärts ins Tal der Tränen. Heute ist so ein Tag im Tal der Tränen, ich befinde mich quasi aktuell im Epizentrum. Ich schaue mich um und sehe Wäscheberge, Spinnen an der Decke, Arbeit über Arbeit und Unerledigtes über Unerledigtes. Und eben die kaputte Geschirrspülmaschine und den defekten Staubsauger…

Ich erlaube mir heute unproduktiv zu sein. Denn auch meine Seele braucht mal Zeit, um sich so richtig auszukotzen. Also höre ich ihr zu. Die Anklage ist lang, wenn ich in mich hinein höre und meine Seele mal zu Wort kommen lasse. Wir haben hier aber mittlerweile einen guten Kompromiss gefunden. Von Zeit zu Zeit gebe ich ihr die Bühne um sich so richtig zu beschweren und danach ist sie dann wieder ein funktionsbereiter Begleiter der sich still und brav im Hintergrund hält.

Aber wenn ich sie mal zur Sprache kommen lasse, dann sind es immer Themen aus der Vergangenheit. Meine Seele schafft es nie in die Zeitzone Zukunft. Ich versuche sie immer zu motivieren, aber sie ist noch in irgendwelchen märchenhaften Idealen unterwegs – wie traditionelle Familien die das pure Glück auf Erden zu sein scheinen – versprechen.

Ich versuche meiner Seele dann immer zu erklären, dass ich keinen Rückwärtsgang habe und hier sich auch nicht das Glück finden lässt. Das Glück werden wir finden, wenn wir uns vorwärts fortbewegen. Aber meine Seele bleibt dabei, sie findet es einfach alles unfair. Und fragt sich, weshalb manche Menschen augenscheinlich ein Leben wie ein Kindergeburtstag haben. Manche haben wohl nicht die Dauer-Arschkarte gezogen, sondern die Dauer-Ponyhofkarte.

Sie sind gesund, schwimmen in Geld (dank Mami und Papi) und die Probleme des Alltags beschränken sich auf oberflächliche Schönheitsfragen. Ich versuche in dem inneren Dialog mit meiner Seele, ihr zu erklären, dass unter „jedem Dach ein Ach ist“. Aber davon will sie nichts wissen, sie will die Karte spielen, dass wir die Dauer-Arschkarte abonniert haben.

Und ja das ist dann auch mal ok. Denn ich weiss ja, dass sie am nächsten Tag wieder still ist und ihren Teil der Abmachung erfüllt und wir uns dann nicht mehr mit den Inhabern der Ponyhof-Dauerkarten vergleichen werden, sondern dankbar sind für das was wir haben. Bis zum Tag „X“, an dem das Ortsschild am Strassenrand wieder anzeigt: in 5 km folgt das Tal der Tränen.

Es führt einfach kein Weg vorbei, wir können auch nicht über den Luftweg, es hilft alles nichts. Wir müssen mitten durch das Tal der Tränen fahren. Aber dann, führt die Strasse wieder bergauf. So lang es auf und ab geht ist es doch auch völlig normal und gesund. Wichtig ist nur, dass wir immer weiter gehen.

Und mein kaputter Geschirrspüler und Staubsauger? Was für den Moment so aussichtslos aussah ist für meinen Nachbar, der nach seinen Ferien vor meiner Tür stand und die Geschirrspülmaschine tatsächlich nochmals reparieren konnte, ein Kinderspiel gewesen. Er hatte dann auch noch eine Lösung für meinen defekten Staubsauger. Freunde von ihm zogen grad zusammen und hatten noch einen Staubsauger gratis abzugeben. Noch am selben Abend füllte ich wieder den Geschirrspüler und konnte die Brotkrümel nach dem Nachtessen wieder aufsaugen. Ein richtiges Happy End, welches Balsam für mich und meine Seele war!