Seit einigen Monaten haben wir uns durch das Corona-Virus an eine andere Realität gewöhnen und unsere Gewohnheiten durch neue ersetzen müssen. Wir wollten wissen, wie es Eineltern und Alleinerziehenden während der Covid-19 Situation ergangen ist und haben eine Umfrage gemacht. Im Folgenden haben wir die Antworten auf die verschiedenen Fragen zusammengestellt.

Zunächst hat uns interessiert, was die größte Herausforderung für Sie, als Einelternpersonen, während der Isolation war?

Für viele war die Betreuungssituation schwierig, da Homeoffice und -schooling sowie Freizeitgestaltung und eine mögliche Weiterbildung „irgendwie“ bewältigt werden mussten. Dieses wurde noch erschwert, da öffentliche Stätten wie Schwimmbäder etc. geschlossen waren und die Kinder zu Hause beschäftigt werden mussten. Bei einigen Geschwisterkindern hat dieses zu mehr Streit geführt, da sie ständig zusammen waren. Manche Kinder waren nur noch mit dem Laptop beschäftigt und für die Eltern war es mühsam, sie zu Bewegung zu animieren.

Auch für Angestellte in systemrelevanten Berufen war es schwierig eine Betreuung für die Kinder zu finden, da zum Einen zu bestimmten Personengruppen Abstand gehalten werden musste und die Großeltern, welche häufig in die Risikogruppe fielen, als Betreuungsoption nicht infrage kamen. Andere Freunde oder Verwandte waren ebenso mit Homeoffice und Betreuung der eigenen Kinder aus- bzw. überlastet, so dass man nicht auf sie zurückgreifen konnte. Für viele ist  Erholung zu kurz gekommen und es fehlte „Quality time“. Manchen fiel es schwer die Lebensfreude trotz der Krise zu bewahren.

Die Erwartungen von Behörden, Druck durch die Kesb und das fehlende Verständnis vom Chef waren sehr belastend.

Häufig wurde angemerkt, dass sie sich durch die Isolation einsam gefühlt haben. Die soziale Distanz zu Freunden wurde für Kinder und Erwachsene als eine Herausforderung empfunden. Eine andere Teilnehmergruppe der Umfrage hat keine merkbaren Unterschiede festgestellt. Die Kita sowie die Spielplätze waren für ihre Kinder weiterhin geöffnet und es wurde im Home-Office gearbeitet.  Als Alleinerziehender sei man ständig im Lockdown, da man, wenn das Kind nicht anderweitig betreut wird, auch vor der Pandemie abends nichts unternehmen konnte.

Ein paar Umfrageteilnehmer hatten das Glück sagen zu können, dass sie einfach die Zeit mit ihrem Kind genossen haben. Ganz so sorgenfrei ist es leider einer anderen Teilnehmerin nicht ergangen. Nach 20 Jahren wurde ihr die Wohnung gekündigt und sie ist nun auf Wohnungssuche mit einem Kind. Auch gab es eine Situation, dass ein Gerichtsverfahren bzgl. der Alimente und des Besuchsrechtes auf unbestimmte Zeit verschoben wurde, so dass die Betroffene zunächst mit allem alleine gelassen wurde.

Weiterhin wollten wir wissen, auf welche Unterstützung Sie als Einelternperson/Alleinerziehende/r gehofft haben, die sie aber nicht bekommen haben (finanziell, personell und andere)? 

Häufig kam auf diese Frage die Antwort, dass man sich mehr Unterstützung vom anderen Elternteil, den Großeltern, Familienmitgliedern oder Dritten gewünscht hätte, bei der Kinderbetreuung oder bei der Erledigung von Alltagsaufgaben wie das Einkaufen, Postgänge usw. Manche haben sich von Familienbeauftragten, Sozialamt, Schulsozialdienst, Kesb und Schule im Stich gelassen bzw. sich unverstanden gefühlt.

Bei der Frage nach dem Verständnis von den Arbeitgebern kamen ganz unterschiedliche Antworten. Einige Arbeitgeber, wollten sich trotz der Möglichkeit von Homeoffice nicht darauf einlassen. Andere haben sich sehr einsichtig  gezeigt und jegliche Unterstützung möglich gemacht.

Häufig gab es finanzielle Engpässe. Auch die mangelnde Unterstützung von Mitmenschen  wäre im Falle von eigener Krankheit ein richtiges Problem geworden.

Aber auch hier kamen Antworten, dass man keine Unterstützung gebraucht habe, da sich das Leben im Vergleich zur Zeit vor dem Lockdown nicht veränderte.  Andere antworteten, dass sie Verständnis und Unterstützung von überall erhalten hätten. In einem Fall wurde trotz Kurzarbeit der volle Lohn gezahlt und da das Kind nicht in der Mensa essen musste, konnte das Geld gespart werden.

Andere haben sich mit Bekannten organisiert und sich mit der Kindesbetreuung abgewechselt.

Ausserdem hat uns die Frage beschäftigt, welche unerwarteten Schwierigkeiten während der Covid-Situation für Sie als Einelternperson/Alleinerziehende/r auftraten. 

Einige Teilnehmer der Umfrage haben geantwortet, dass es keine unerwarteten Schwierigkeiten gab. Ein Teilnehmer hat von dem Glücksfall berichtet, dass es keine Probleme gab, da das Homeoffice funktionierte und das Kind selbstständig Homeschooling erledigte. Bei einem anderen Teilnehmer ereignete sich genau das Gegenteil. Die Tochter blockierte und bekam einen „Homeschooling-Koller“.

Auch das Einkaufen mit Kind war ein Problem, sowie das Einkaufen im Generellen oder das Wahrnehmen von Terminen. Für Risikopatienten und ihre Kinder war/ist die Isolation eine Herausforderung. Die Psyche hat gelitten. Manche mussten trotzdem arbeiten, auch wenn sie zur Risikogruppe gehörten und eine Bescheinigung hierüber vom Arzt erhalten hatten. Die Angst selbst krank zu werden und nicht zu wissen, was dann mit dem Kind passieren würde, wurde als Belastung empfunden.

In einem Fall konnte das Geld für die Miete nicht mehr aufgebracht werden und das Sozialamt hat wochenlang nicht reagiert, so dass sich Geld geliehen werden musste. 

Viele stellte die allgemeine Organisation vor eine große Herausforderung. Homeschooling, -office, steigendes Arbeitsaufkommen im Job, keine Unterstützung vom Kesb, teilweise komplette Schließung des Horts, Distanzierung von den Großeltern, der fehlende Kontakt fiel vielen schwer und musste durch Videotelefonie kompensiert werden. Im Falle von Krankheit der Kinder konnten die Großeltern nicht die Betreuung übernehmen, somit mussten die Eineltern von der Arbeit fernbleiben.

Häufig wurde angemerkt, dass man überlastet war mit all den Aufgaben, der mangelnden Freizeit und der Platzeinschränkung im Haus. Dieses führte zu Frust, Ungeduld, Überforderung aber auch Langeweile.

Schwierig war es auch, die begleiteten Besuche mit dem Ex-partner durchzuführen. Es gab wenige Möglichkeiten, wo man gemeinsam hingehen konnte, da Vieles aufgrund der Pandemie geschlossen war. Von einem Treffen zu Hause wurde aufgrund von Spannungsverhältnissen abgesehen.

Armut und Covid-19 - Die Chancen nicht verpassen

Auch hat uns interessiert, welche positiven Erfahrungen Sie während der Covid Situation erlebt haben?

Sehr schön ist es zu lesen, dass eine häufige Antwort war, dass man die Zeit zusammen genossen hat mit den Kindern, ohne Stress und mit weniger Terminen. Das Zusammenleben war entspannter und intensiver, weil man nicht so viel arbeiten konnte. Es wurden mehr Bücher gelesen, man konnte runterfahren, hatte mehr Zeit, man hat gelernt von Tag zu Tag zu leben und weniger zu planen. Ausserdem waren einige weniger krank.

Auch gab es Glückliche, deren Kita weiterhin die Kinder betreute, auch wenn die Eltern nicht in einem systemrelevanten Beruf arbeiteten. Die Ämter waren flexibler und das Homeschooling wurde als neue Erfahrung wahrgenommen, die sogar Spass machte.

Eltern haben die Lernfortschritte ihrer kleinen Kinder stolz wahrgenommen, die größeren Kinder haben gelernt selbständiger zu werden und sich zu organisieren.

Familien, Freunde und Bekannte sind weiter zusammengerückt, weil die Großeltern oder Väter von getrennten Elternteilen sich mehr eingebracht haben. Viele Arbeitgeber hatten Verständnis für ihre Arbeitnehmer und haben gemeinsam nach Lösungen gesucht, um Arbeit und Kindesbetreuung in Einklang zu bringen. Mitmenschen boten Hilfe an, es wurde für die älteren Nachbarn eingekauft, die Kinderbetreuung konnte innerhalb von mehreren Familien organisiert werden. Online gab es Aktivitäten, es fanden mehr Gespräche statt und es war Solidarität zu spüren, der Zusammenhalt ist gestiegen. Eine Teilnehmerin wurde aufgrund von finanziellen Engpässen, monatlich mit Essen durch ihren Vater versorgt und es wurden ihr die Steuern gestundet. Dieses führte dazu, dass sie dankbarer und zufriedener, als vor der Pandemie, war.

Bei manchen Teilnehmern ist der Respekt vor den Lehrern gestiegen. Auch wurde positiv wahrgenommen, dass die Natur aufblühte, der Verkehr auf den Straßen abnahm und weniger Betrieb in der Stadt war.

Die folgende Antwort fanden wir sehr schön: „Ganz ehrlich, ich habe die Zeit genossen, auch wenn ich nicht mehr Zeit mit den Kindern hatte, da ich meiner Arbeit nachgehen musste. Aber einfach nicht zu hetzen, zu schauen was wir gemeinsam machen wollen. Der Wunsch des Sohnes, einen Sonnenuntergang zu sehen, haben wir ihm gerne erfüllt…“

Bei der nächsten Frage hat sich der Blick in die Zukunft gerichtet. Wir wollten wissen, wo Sie nach den Lockerungen für sich und Ihre Kinder die grössten Herausforderungen sehen. Haben Sie Angst vor einer zweiten Welle? Was würden Sie anders machen? Was würden Sie von den Behörden/der Politik erwarten?

Die Quarantäne hat bei manchen das Fernweh geweckt. Es wird sich mit der Frage beschäftigt, ob und in welcher Form Urlaub möglich und verantwortungsvoll ist. Man ist zu keiner abschließenden Lösung gekommen.

Viele Teilnehmer der Umfrage haben Angst bzw. Respekt vor dem Virus und einer eventuellen zweiten Welle. Sie sorgen sich über die Folgen eines eventuellen erneuten Lockdowns. Die Probleme, die man beim ersten Lockdown hatte, wie Betreuungsfragen, finanzielle Einbußen, Probleme der Vereinbarung von Homeoffice und Kindesbetreuung, etc. sind leider nicht gelöst und würden eine ebenso große Herausforderung für die Betroffenen darstellen. All diejenigen, die komplett auf sich selbst gestellt sind, haben eine besonders große Angst sich anzustecken, denn das würde das Betreuungsproblem verstärken.

Hier appelliert man an die Politik gute Lösungen zu finden und klare Stellungnahmen abzugeben. Man erhofft sich landesweite, einheitliche Corona-Verhaltensregeln und -gesetze, damit sich auch die Bürger daran halten können. Es wäre schön, wenn es eine gesetzliche Regelung zur Heimarbeit im Falle eines erneuten Lockdowns geben würde.

Mehr Wertschätzung, Unterstützung und Rücksicht gegenüber Familien und Alleinerziehenden wäre erstrebenswert. Auch würde man sich über Entlastung, Unterstützung für „Single-Eltern“, situationsgerechte Arbeitsplätze und Löhne, soziale Sicherheit sowie Hilfe durch die Kesb freuen. Von Gemeinden und Staat wird eine schellere Kommunikation betreffend Kita/Hort/Finanzen erwartet und seitens des Arbeitsgebers schnelleres Handeln bei der Ermöglichung des Home-Offices.

An dieser Stelle, herzlichen Dank für die Teilnahme! Wir haben uns über die vielen ausgefüllten Fragebogen sehr gefreut!

Wir würden uns über ihre Kommentare unten sehr freuen – wie haben Sie die Coronavirus Isolation erlebt und konnten Sie sich mit gewissen Aussagen identifizieren? 

Haben Sie Fragen oder brauchen Unterstützung? Zögern Sie nicht mit uns Kontakt aufzunehmen!

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alleinerziehender Mütter und Väter
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